Endlich finde ich mal wieder Zeit ein paar Zeilen zu schreiben. Die Dinge überschlagen sich seit einiger Zeit... Im Moment befinde ich mich in Hamburg und habe die ersten zwei Wochen des Sommelier Lehrgangs bei der Deutschen Wein und Sommelier Schule hinter mir und damit noch fünf vor mir. Manchmal denke ich je mehr ich lerne, je mehr merke ich wieviel mehr man noch lernen kann. Aber es ist so interessant, die Dozenten top und die Gruppe super, so dass es nicht schwer fällt.
Dieses Wochenende blieb ich in der Hansestadt und fuhr nicht zurück in den Pott. Denn bei meiner Tante, die mich glücklicherweise für die sieben Wochen bei sich wohnen lässt, stand ein Geburtstag an. Daher wurde ich als angehende Fachkraft in den Keller geschickt um ein paar alte Flaschen zur Feier des Tages nach oben zu holen. Ich entschied mich für je einen gereiften Vertreter aus Bordeaux und Burgund...
Zuerst musste der Bordeaux dran glauben. Ein 1979er Leoville las Cases. Das Chateau liegt am linken Ufer der Gironde, genauer in der Appelation St. Julien und wurde 1866 als 2. Grand Cru Classé eingestuft und gilt als eines der besten Häuser im Bordelaise. Das Wahrzeichen des Weingutes ist der liegende Löwe auf dem Torbogen, welcher der Eingang zum Clos Leoville las Cases ist. Ein, für Bordeaux eher unüblich, ummauertes Weinfeld, welches sich im Alleinbesitz des Châteaux befindet.
Der 79er ist eine klassische, Cabernet Sauvignon (70%) basierte Medoc Cuveé, den Rest bilden Merlot und ein wenig Cabernet Franc und Petit Verdot. Der Korken des Oldies war in sehr gutem Zustand und lies sich gut ziehen. Der Wein zeigte im Glas ein noch recht sattes Granatrot und keinerlei Brauntöne. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie langsam ein Bordeaux dieser Qualität altert. In der Nase schwarze Johannisbeere, weiches Leder, Vanille und Zigarrenkiste. Am Gaumen merkt man ihm seine Ü30 nicht an. Immer noch Biss: Sehr feines, etwas staubiges, aber deutlich spürbares Tannin, Cassis geprägter Fruchtkern und präsente Säure. Sehr komplex, wenn auch nicht mit ewigem Nachhall ausgestattet. Hat sicher noch Potential für weitere 5-10 Jahre.
Später am Abend dann der Burgunder. Stolze 41 Jahre alt. Ehrlich gesagt räumte ich ihm nicht mehr so viel Chancen ein, obwohl der Füllstand sehr gut war. Doch ich sollte mich irren und zwar gewaltig...
1973 war im Burgund wohl ein recht gutes Jahr, vor allem an der Côte de Nuits und die Winzer der Domaine Grivelet in Chambolle-Musigny, welche heute leider nicht mehr existiert, brachten einen wahrlich großen Wein auf die Flasche. Der 73er Premier Cru besitzt im Glas noch einen Ziegelroten Kern, der aber zum Rand hin deutlich ins Braune übergeht. In der Nase erst verschlossen, zeigt er nach ein paar Minuten im großen Glas was er noch drauf hat: Weichselkirsche, feinste Bitterschokolade, Lagerfeuer, Tannengrün, Kreidestaub, Walderdbeeren, Leder, vertrocknete Rosen, unglaublich verführerisch und elegant das Ganze. Am Gaumen merkt man dann warum dieser Wein noch lebt, denn die Säure kommt einem immer noch frisch vor. Dazu Sauerkirsche und wieder Noten von dunkler Schokolade. Im Abgang mit kalkiger, erdiger Mineralität und unverschämter Länge. Ein Burgunder den man so schnell nicht vergisst...
1979 Leoville las Cases 92/100
1973 Chambolle-Musigny 1er Cru, Domaine Grivelet 95/100