Samstag, 14. Juni 2014

Don't forget the Ortswein !

Seit dem Jahrgang 2012 ist der Ortswein fester Bestandteil des Klassifizierungsmodels des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter. Er bildet nach den VDP Gutsweinen die zweite Stufe der Qualitätspyramide. Meiner Beobachtung nach jedoch, fristet der Ortswein bei vielen Weintrinkern ein Schatten Dasein. Nach dem Motto: Gutswein zum alltäglichen Genuss und einen Einzellagenwein wenn man sich was gönnen möchte. Auch in vielen Gastronomien gibt es den Gutswein im offenen Ausschank und die Großen Gewächse in der Weinkarte. Der Ortswein findet oft nicht statt. Zu unrecht ?

Ich finde schon. Denn im Bereich der Ortsweine gibt es sehr ausdrucksstarke Weine mit Charakter und das oft zu sehr fairen Preisen. Zwei Arten von Ortsweinen haben sich je nach Winzer oder Gemeinde heraus kristallisiert. Zum einen eine Cuveé aus einzelnen Lagen, bei manchen Winzern ausschließlich Große Lagen, mit verschiedenen Bodentypen. Oder einen Terroirwein, welcher sich durch eine einzige Bodenart definiert. Letztere wird immer häufiger unter der Rebsorte groß auf dem Frontetikett dargestellt, der Name der Gemeinde ist dann teilweise nur sehr klein auf dem Rücketikett zu lesen. Das kann beim Verbraucher zu Verwirrung führen, vor allem wenn der VDP.Ortswein-Balken auf der Kapsel fehlt. Diese Markierung unter dem Traubenadler ist nämlich nicht Pflicht. Will man den Verbrauchern, grade im Ausland den Wein Einkauf etwas einfacher zu gestallten, sollte man da mal drüber nachdenken...


Den VDP Ortswein gibt es natürlich bei nicht erst seit 2012. So ist der "Village" auch bei Weingut Schäfer-Fröhlich im Anbaugebiet Nahe seit langem fester Bestandteil. Aus den Lagen rund um die Gemeinde Bockenau holt Winzer Tim Fröhlich seine Trauben für den Bockenauer Riesling trocken. Die Böden sind hier sehr vielfältig und häufig von diversen Schieferarten geprägt. Das merkt man auch, wenn man den 2009er Bockenauer Riesling im Glas hat. In der Nase Pfirsich, Yuzu und etwas Salbei. Am Gaumen vielschichtig und mineralisch, als hätte man ein Spritzer salziges Mineralwasser aus irgend einer Heilquelle mit in den Wein gemischt. Die frühere Lese als bei den Großen Gewächsen, hat den Wein in so einem reifen Jahr jung gehalten. Lebhafte Säure und ein leichter Schmelz sorgen für einen guten Abgang. Das so ein Ortswein Lagerpotential hat und ein echtes Upgrade vom Gutswein sein kann ist hiermit schonmal bewiesen.


Eine Spur teuerer, aber auch noch ausdrucksstärker ist einer der wohl bekanntesten Ortsweine der deutschen Weinlandschaft. Der Westhofener Riesling 2011 von Biodynamie König Philip Wittmann aus Rheinhessen ist eine Cuveé ausschließlich aus Grand Cru Lagen, vor allem aus den Lagen Morstein und Kirchspiel. Im Glas präsentiert sich dieser Wein hell golden. In der Nase expressiv und extrem komplex nach Birne, Mango, roten Äpfeln, süßen gelben Pflaumen und Steinbruch. Am Gaumen. Ist viel Extrakt, saftig, aber elegant. Ein Wein der einigen Großen Gewächsen die Stirn bieten kann...! 



Mit knapp 10 Euro ist der letzte Ortswein deutlich der günstigste im verkosteten Trio. Er stammt aus einer kleinen Gemeinde namens Ungstein bei Bad Dürkheim in der Pfalz. Gekeltert von Jan und Karin Eymael vom Weingut Pfeffingen. Der 2013er Ungsteiner Riesling trocken ist ein Abbild des des kalkigen Bodens in Ungstein, des Weinguts und der Pfalz an sich. Schlank, mineralisch und fein-duftig wie die meisten Weine des Hauses. Am Gaumen viel Pfirsich und etwas als Limette. Jahrgangsbedingt mit straffer, gradliniger Säure. Vielleicht nicht so komplex wie seine Vorgänger und natürlich Blut jung, aber mit ordentlich Zug und Trinkfluss. 

Also: Don't folget the Ortswein !

Bockenauer Riesling 2009, Schäfer-Fröhlich 89/100
Westhofener Riesling 2011, Wittmann 90/100
Ungsteiner Riesling 2013, Pfeffingen 86/100

Mittwoch, 11. Juni 2014

Innereien Weine - Passendes für Kopf und Fuß

Das ein gutes Essen, gepaart mit einem passenden Wein ein einschneidendes kulinarisches Erlebniss seien kann, wird wohl jeder Weinliebhaber unterstreichen. Da gibt es Kombinationen, wie Portwein zu Stilton oder Silvaner zu Spargel... Klassisch, aber langweilig. Aber was trinkt man eigentlich zu Speisen, bei denen sich manch einer zu unrecht angewidert abwendet, Teile von Tieren, von denen viele Menschen sich heute kaum vorstellen können, dass sie überhaupt essbar sind ? Die Rede ist von Innereien. Wir haben uns zwei Traditionsgerichte zur Brust genommen und ein paar gute Tropfen dazu getrunken...



Als erstes einen Französischen Klassiker, Tête de Veau, gebackener Kalbskopf. Keine Angst, man muss für dieses Gericht keinen ganzen Kopf in die Küche schleppen. Den kann man bequem beim Metzger seines Vertrauens küchenfertig bestellen. Dieser lösst die s.g. Kalbsmaske ab, packt Zunge und Bäckchen hinein, rollt das ganze zusammen und bindet es formschön zu einer dicken Wurst. Diese kann man dann mehrere Stunden z.B. in einem Gewürzsud garen. Durch den hohen Anteil an Fett und Gelantine wird die Rolle beim auskühlen fest und man kann sie in Scheiben schneiden, leicht Panieren und in geklärter Butter ausbacken. Dazu geht am besten eine Sauce Gribiche aus Kapern, Estragon, Kerbel, Ei, Gewürzgurken, Essig, Senf und Öl.



Als ersten Partner stellten wir dem Kalbskopf einen deutschen Klassiker an die Seite. Einen 2011er Riesling aus der Lage Forster Pechstein vom Weingut Dr. Bürklin Wolf. Der Wein duftet herrlich nach Pfirsich, Ananas und Sommerwiese, dazu die lagentypische, dezente Rauchnote. Natürlich ist dieser Grand Cru noch sehr jung, doch dem Jahrgang verschuldet, schon sehr präsent. Er bringt genug Konzentration und Säure mit um den fettig, salzig-süßem Kalbskopf Paroli zu bieten, dazu sorgt die ausgeprägte Mineralität für ordentlich Zug. Ein Traum ! Nur mit der Gribiche muss er etwas kämpfen. 



Damit hat der zweite Wein überhaupt kein Problem. Tief golden fließt er in Glas und zieht lange Tränen an der Glaswand. In der Nase nach Aprikosen und Birnen, aber auch nach Honig, Karamell, frisch geschlagenem Holz, Bergamotte und etwas Uhu. Extrem tief und komplex auch am Gaumen. Mundfüllend und kräftig, aber nicht fett, mit präziser Säure und erdiger Mineralität. Sogar Gerbstoffe sind zu spüren. Der Wein heißt "Clos de la Bergerie" und ist ein Chenin Blanc von der Loire und stammt von keinem geringeren als Nicolas Joly, dem unbestrittenem König des Biodynamischen Weinbaus. Joly erntet seine Trauben in 4-5 Lesedurchgängen um ausschließlich reifes, oft edelfaules Material zu erhalten. Das ergibt intensive Elixiere die durch den Ausbau in 500l Fässern noch mehr Fassetten hinzu bekommen. Als Speisenbegleiter zeigt dieser "Narurwein" dann endgültig sein volles Potential und wird weicher und bekommt Trinkfluss. Die 15% Alkohol verschwinden quasi in Kombination mit dem deftigen Tête de Veau. Ein höchst interessantes Wein Erlebniss !



In der zweiten Runde ging es dann kulinarisch nach Italien, genauer gesagt in die Emilia Romagna. Auf unseren Tellern: Zampone di Modena, mit Fleisch aus Schulter, Bauch und Haxe gefüllter Schweinefuß mit Balsamico Linsen. Auch Zampone kann man küchenfertig und eingeschweißt beim Italienischen Feinkosthändler ab 10 € kaufen. Man muss ihn dann nur noch in Brühe ca. 40 min garziehen. Weintechnisch ging es in den roten Bereich. Hier kam der Gewinner überraschender Weise aus Deutschland. Aber der beste Begleiter zum Schweinefuß war kein Spätburgunder, sondern ein Württembergergischer Lemberger, welche by the Way die gleiche Rebsorte ist, wie der im Moment sehr angesagte österreichische Blaufränksich. 



Unser Exemplar kommt vom Weingut Dautel, wo der junge Christian Dautel vor einigen Jahres das Zepter von seinem Vater Ernst übernommen hat. Seine Spezialität sind konzentrierte, lagerfähige und im Holz ausgebaute Lemberger, wie das 2010er Große Gewächs aus der Lage St. Michaelsfeder. Er besitzt eine süße Kirschfrucht, Brombeere, etwas Kakau und würzige Noten von 22 Monate im Barrique, durchzogen von feinem Tannin. Der Wein hat genug Bumms für die speckig-deftigen Aromen vom Zampone, aber auch genug Frucht für die Balsamico Linsen. 



Fazit: Es muss nicht immer Filet sein ! #KalbsKopfKlub

2011 Riesling G.C. Pechstein, Dr. Bürklin-Wolf 93/100
2009 Chenin Blanc "Clos de la Bergerei", Nicolas Joly 91+/100
2010 Lemberger GG St. Michaelsfeder, Weingut Dautel 90/100