Dienstag, 4. November 2014

Mikkeller - Dänische Bier Geeks

Es ist so weit, das erste mal Bier im Wineblog. Musste ja irgendwann passieren. Aber auch nicht verwunderlich. Erstens fließt ja als Dortmunder Junge von Haus aus eh eher Bier als Wein durch meine Adern und zweitens begeistert mich das Thema Craft Beer seid meiner Zeit in Hamburg extrem. Doch was heißt das überhaupt...Craft Beer ? Auch wenn in Europa seid Jahrhunderten Bier von Weltruf gebraut wird, kommt der Begriff doch eher aus den vereinigten Staaten. Als Alternative zu dem gebrauten Einheitsbrei der riesigen Brauereien (auch in Deutschland ein großes Problem), entstanden so genannte Microbreweries. Kleine Garagen Brauereien die für den Eigengebrauch oder für die Nachbarschaft charaktervolle Biere im kleinen Stil brauten. Die Community wuchs schnell und fand weltweit Fans und Nachahmer. So wurden auch in Europa alte Hopfensorten, längst vergessene Bierstile und Brautechniken wiederentdeckt und weiterentwickelt. Dabei geht es vor allem um Innovation und höchste Qualitätsansprüche bei der Wahl der Zutaten. Auf das Reinheitsgebot wird weitergehenden geschissen. Neben Wasser, Hefe, Malz und Hopfen werden auch andere Zutaten verwendet um den Geschmack des Bieres zu beeinflussen. Auch in Sachen Design und Marketing sind die Craft Bier Brauer enorm kreativ.

Nachdem ich mich die letzten Monate viel mit dem Thema auseinandergesetzt und viel probiert habe, stieß ich bei den spannendsten und abgedrehtesten Sachen immer auf einen Namen: Mikkeller. Ein Mathelehrer Namens Mikkel Borg Bjergsø und sein Kumpel Kristian Keller brauten 2005 ihr erstes Bier in Mikkels Küche in Kopenhagen für ihren Bierstammstisch und waren schnell Feuer und Flamme. Die Biere fanden Reisenden Absatz bei den lokalen Bier Nerds und die Küche wurde schnell zu klein. Also suchten und fanden die Beiden eine Brauerei in Dänemark, wo sie ihr Øl brauen durften. Mit verrückten Kreationen und eigenem schrillen Flaschendesign für jedes der zig verschieden Biere erregten sie international Aufmerksamkeit. Den Durchbruch brachte das Stout Bier "Beer Geek Breakfast" welches mit Kaffee und Haferflocken gebraut wird und bei dem führenden Bier Portal Ratebeer.com 100/100 erreichte. Mikkel ist mitlerweile alleine unterwegs und hat bis heute keine eigene Brauerei. Er zieht von Brauerei zu Brauerei auf der ganzen Welt, aber vor allem in Belgien, um dort seine Kreationen zu brauen. Dabei ist er sehr produktiv. Es gibt zwar selten große Mengen von einem Projekt, doch sind über die letzten Jahre sicher an die hundert verschiedene Biere entstanden. Ziel ist es Biere zu brauen die Menschen bewegen und die als Essensbegleiter, auch in der gehobenen Gastronomie, eine echte Alternative zu Wein sein können. So hat Mikkel auch schon ein exklusives Bier für das mehrmals in Folge zum besten Restaurant der Welt gekürten Noma in Kopenhagen, kreiert. Und das als Autodidakt, denn Mikkel hat nie eine Lehre zum Braumeister gemacht...



Im Glas habe ich grade ein saisonales Pale Ale vom Herbst/Winter 2013 namens K:rlek. Gebraut würde es in Belgien mit den Hopfensorten Citra, Chinook, Amarillo und Simcoe, außerdem wurde Etwas Ananas mitvergoren. Die Farbe ist ein leuchtendes Gelb-Orange mit fester Schaumkrone. In der Nase nach Mango, Minze, Aprikose und klar, nach Ananas. Am Gaumen wirkt es trocken, zitrusfruchtig und ordentlich bitter. Hat sehr guten Zug und dezente Säure. Das Etikett, wie fast immer bei Mikkeller, ein Kunstwerk.



Auch verkostet habe ich den Geburtshelfer des Mikkeller Erfolgs, das Beer Geek Breakfast. Dieses Stout Bier fließt dunkelbraun und fast ölig ins Glas. Der Schaum ist fest, feinporig und cremefarben. Das Gebräu duftet intensiv nach frisch gemahlenem Kaffee, Bitterschokolade, Müsli, Ronsinen und dunklem Karamell. Am Gaumen super dick und cremig wie ein Mokka. Macht genauso satt wie eine Schüssel Haferbrei, doch die Macht nicht so betrunken. Alles in alle ein sehr komplexes und spannendes Stout.



Eins meiner persönlichen Mikkeller Highlights war das Sort Gul, was soviel heißt wie schwarz gelb. Ein Belgian Black Pale Ale das es in sich hat ! Von der Farbe her sehr dunkles braun fast schwarz, mit roten Reflexen. In der Nase nach Lebkuchen, Vollmilchschokalde, Birne, kandierter Orange und Caro Kaffee. Am Gaumen dann unerwartet spritzig, obwohl die Textur eher an Sahne erinnert. Trocknet den Mund aus und bleibt lange haften, mit Noten von dunklen Beeren und Gewürzen. Einfach ein Wahnsinns Bier. Nach längerer seit im Glas wird es deutlich harmonischer und noch dichter in seiner Aromatik. Man bedenke, dass bei diesem Ale nichts zugesetzt wurde, das Aroma stammt einzig aus Malz, Hopfen und Hefe...



Ich werde das Thema Craft Beer definitiv weiter verfolgen und habe noch einige Mikkeller Biere auf Halde... Das Paket aus Dänemark ist frisch eingetroffen !

Cheers 

K:rlek Efteråa/Vinter 2013, Pale Ale, Mikkeller, 5,9% Alk, 88/100
Beer Geek Breakfast, Stout, Mikkeller, 7,5 % Alk, 92/100
Sort Gul, Belgian Black Pale Ale, Mikkeller, 7,3 %, 96/100

Montag, 27. Oktober 2014

Naturburschen

Natural Wine, Raw Wine, Vin Naturel, Natur Wein...viele neue Namen für eine doch recht alte Bewegung. Klingt erstmal nach Birkenstock tragenden, langhaarigen Hippi Winzern. Die gibt's bestimmt, doch viele der besten "Natur Weinen" kommen von Weingütern mit modernster Austattung und Marketing, denen Biologisch oder Biodynamisch manchmal nicht weit genug geht oder die einfach experimentierfreudig sind. Natural Wines sind nicht zwingend maischevergorene Orange Wines oder Amphoren Zeugs. Meist wird auf ein Gros der Kellertechnick, wie temperaturgesteuerte Gärführung oder ähnliches verzichtet. Spontanvergärung und die Verbannung von Chemie aus Keller und Weinberg ist natürlich Pflicht und filtriert wird selten. Old School eben.  



Ein tolles Beispiel aus Deutschland ist das pfälzer Weingut Odinstal. Hier entstehen nach biodynamischer Herangehensweise, meiner Meinung nach, einige der besten Terroir Rieslinge Deutschlands. Doch Kellermeister Schumann experimentiert auch mit einer Rebsorte, die eher ungewöhnlich ist für die Pfalz, nämlich Silvaner. Diese wächst in einem Versuchsweinberg in "Stufe 1", dass bedeutet in diesem Fall, dass die Reben seid Anfang 2008 nicht mehr beschnitten wurden. Die Fruchtruten wachsen also kreuz und quer zu meterlangen Lianen und die Trauben verteilen sich über die gesammte Laubwand. An ihnen wachsen sehr kleine und lockerbeerige Trauben. Das führt natürlich zu einem extrem hohem Ernteaufwand von über 200 Stunden pro Hektar. Da müsste man eigentlich mit einer Machete rein... Die Trauben werden dann ca. 12 Stunden auf der Maische stehen gelassen um dann nach der Gärung unfiltriert und ungeschwefelt abgefüllt zu werden. Der 2013er Silvaner "Natur" fließt leutchtend gelb-grün und trüb ins Glas. In der Nase erst nach Apfel und Quitte, dazu eine erdige Noten. Mit etwas Luft und Temperatur kommen dann zitrische Aromen von Grapefruit und Pomelo hinzu. Am Gaumen leichtfüßig mit mittlerer Säure und süffigen 11,5 %. Trinkt sich weniger "freaky" als er aussieht. Im Abgang angenehm würzig und Yuzu-mäßig. Steinstark !



Der zweite Wein kommt aus einem Mekka des Vin Naturel, der Süd-West Küste Frankreichs, in diesem Fall das Rousillion. Hier im Örtchen Maury betreibt das Elsässer Winzerehepaar Wies die Domaine de la Petite Baigneuse. Der Wein trägt den Namen "Juste Ciel!" und wird aus den Rebsorten Macabeu, Grenache Blanc und Grenache Gris bereitet. Auch hier mit minimalem Schwefeleinsatz und ohne Filtration und Schönung. Der magere Schieferboden auf dem die Reben wachsen, die Spontanvergärung mit Weinbergs- bzw Kellereigenen Hefen und die ca. vier Jahre Flaschereife sorgen bei diesem außergewöhnlichen Stoff für ein Aromenbild, welches ich bisher so noch nicht mal ansatzweise im Glas hatte. Pilz in allen positiven Fasetten. Fleischig, süßlich nach Dry Age Beef und Edelschimmel Salami. Dazu süßer Gorgonzola und Champignon, aber auch Zitrone und gelbe Blüten. Am Gaumen sehr dicht mit viel Extrakt und Säure, eher saftig und garnicht pilzig wie die Nase. Für mich durch den extremen Geruch etwas anstrengend, dennoch höchst interessant. 
Für mich sind diese Naturbursche vor allem eins: Abwechslung vom oft langweiligen Mainstream. 
Cheers !






 

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Almacenista - Die Garagen von Jerez

Sherry ist ein extrem interessantes Thema und super vielseitig. Ich nehme mir ständig vor mehr Sherry zu trinken, aber irgendwie wird das nie so richtig was. Nur in kurzen Phasen. Aber ich bilde mir ein, dass das nicht nur an mir liegt. Sherry findet in der deutschen Gastronomie nur ganz am Rand statt. Wenn ich im Restaurant sitzte und auf der Karte einen tatsächlich interessanten Sherry finde, bestelle ich ihn so gut wie nie. Warum ? Weil die beiden 70 jährigem Opas und ich wahrscheinlich die einzigen in den letzten Wochen oder sogar Monaten wären, die aus der 0,75l Flasche Fino ein Gläschen ordern. Frisch ist anders...Und selbst die Weinfachhändler, wenn sie nicht grad auf Spanien spezialisiert, sind oft sehr unbefriedigend ausgestattet. Im Ruhrpott sowieso...

Um so mehr feiere ich dann eine schöne Flasche Fino, Manzanilla, Oloroso oder was auch immer, die ich mir zu Hause mit ein paar spanischen, salzigen Schweinereien genehmige. Heute sogar eine echte Besonderheit: Einen Almacenista. Das ist kein Sherry Stil sondern beschreibt eher eine alte Tradition. In den drei Städten in denen alle Sherry Lodges ihren Sitz haben, also Jerez de la Frontera, El Puerto de Santa Maria und Sanlucar de Barrameda gibt es einige kleine private Produzenten, die ihren Wein an Privatleute oder Gastronomien verkaufen oder einfach hobby-mäßig für den Eigenkonsum Sherry produzieren. Manchmal werden große Sherry-Brands auf besonders gute Partien aufmerksam und kaufen den Almacenistas (span. für Lagerhalter) einzelne Fässer ab und vermarkten sie unter ihrem Namen. Dabei muss auf dem Etikett die Bezeichnung Almacenista, sowie dessen Name und die Größe der Solera, stehn aus der der Wein kommt. Je kleiner die Zahl ist, je seltener und damit teurer ist er. 



Der Almacenista Sherry den ich im Glas habe wurde vom Sherryhaus Lustau gekauft und stammt von José Luis Gonzales Obregon aus El Puerto de Santa Maria. Vom Stil her, ist es ein klassischer Fino, das heißt Staub trocken und ohne oxidativen Einfluss, da der Wein von der Florhefeschicht vor Sauerstoff geschützt wird. Dieser Wein aus der Palomino Traube stammt aus einer 143 Fässer starken Solera. 

Die lange Zeit unterm Hefeflor und das typische Andalusische Klima verleiht diesem Wein ein so komplexes Bukett, das ich kaum aufhören kann mir Notizen zu machen: Zuerst Haselnuss, Grüne Walnuss, Rauch und geröstete Grüne Paprika, dann Salzkaramell, Estragon, Bergamotte und sogar etwas Curry. Am Gaumen mit irrem Spiel aus Säure und Schmelz, alles federleicht. Dazu Noten von Nougat, unreifen Feigen und weißem Pfirsich. Gleichzeitig salzig und herzhaft. Mit passendem Essen entwickelt sich auch ein enormer Trinkfluss, der die 15 % Alkohol nahezu vergessen lässt... Absolutes Sherry Highlight!

Alk: 15 %
Preis: 17,50 € (0,5 l)
Punkte: 93/100

Samstag, 11. Oktober 2014

Uncorked: 1993er Chateau Montrose

Zurück aus Hamburg vom Sommelier Lehrgang. In den letzten zwei Monaten so intensiv und so viele Weine eine verkostet wie nie zu vor... aber auch so wenig geschrieben wie nie zuvor. Sorry dafür, war einfach zu beschäftigt. Ich gelobe Besserung. 

Am Mittwoch, beim vinophilen Wiedersehen mit den Jungs, holt ein Freund einen Wein aus seinem Keller, der es auf jeden Fall wert ist, ein paar Worte darüber zu verlieren. Einen Klassiker aus dem Medoc, ein besonder Wein aus einem eher kleinen Jahr: Chateau Montrose 1993.

Das mondäne Chateau Montrose liegt auf einem Hügel direkt am linken Ufer der Gironde in der Appelation Saint Estephe, keine 70 km Bordeaux entfernt. Bis zum Jahr 2006 war das als deuxiemes Cru klassifizierte Weingut 110 Jahre lang im Besitz der Familie Charmoluë, bis es von zwei Unternehmer-Brüdern Namens Olivier und Martin Bouygoues erworben wurde. Seid dem passiert viel auf Chateau Montrose, Haus und Keller werden stetig erweitert und modernisiert und kürzlich konnten die 65 Hektar auf über 90 erweitert werden, in dem man dem Nachbarn Phelan Segur einige Hektar abkaufen konnte. Man munkelt für ein knappe Millionen Euro pro Hektar. Vorteil für Montrose: Von diesen neuen Flächen darf auch der Grand Cru Classé Wein erzeugt werden. 



Am Stil des Hauses wollen die Brüder Bouygoues nichts ändern sagen sie. So steht Montrose seid je her für einen etwas roughen, kanntigen Stil. Grade die jungen Weine werden oft nicht so euphorisch bewertet wie die der Konkurrenz. Doch nach 10-15 Jahren Flaschereife sieht das dann oft ganz anders aus. Montrose steht für Langlebigkeit und für Konstants, auch in schwächeren Jahren. 

1993 war so ein Jahr. Mehltau und Botritis machte den Winzern zu schaffen. Dazu viel Regen in der Erntezeit. Doch mit guter Weinbergspflege und strenger Selektion holte man auf Chateau Montrose reifes und gesundes Lesegut in den Keller. Der Kellermeister verschnitt in diesem Jahr 71% Cabernet Sauvignon mit 29% Merlot. 

Heute, über 20 Jahre später präsentiert sich der Wein auf der Spitze seines Genusses. Ziegelrot am Rand mit Rubin farbenem Kern. In der Nase unglaublich komplex nach Cassis, Kakao, Lagerfeuer, Pflaume und Leder. Keine Spur von grüner Paprika oder ähnlichem. Am Gaumen rund und harmonisch, mit immer noch fruchtigem Inneren. Die Tannine sind sehr fein und weich. Fast zu weich. Die Säure präsent. Im Abgang kommen Gewürze dazu wie Nelke und Piement. Sehr langer Nachhall. Dazu das Fett der Trüffelsalami, mit der wir den Wein begleiten... mehr geht kaum !

Alk: 12,5 %
Preis: um 70 €
Punkte: 90/100


Sonntag, 31. August 2014

Oldies aus Bordeaux und Burgund

Endlich finde ich mal wieder Zeit ein paar Zeilen zu schreiben. Die Dinge überschlagen sich seit einiger Zeit... Im Moment befinde ich mich in Hamburg und habe die ersten zwei Wochen des Sommelier Lehrgangs bei der Deutschen Wein und Sommelier Schule hinter mir und damit noch fünf vor mir. Manchmal denke ich je mehr ich lerne, je mehr merke ich wieviel mehr man noch lernen kann. Aber es ist so interessant, die Dozenten top und die Gruppe super, so dass es nicht schwer fällt. 
Dieses Wochenende blieb ich in der Hansestadt und fuhr nicht zurück in den Pott. Denn bei meiner Tante, die mich glücklicherweise für die sieben Wochen bei sich wohnen lässt, stand ein Geburtstag an. Daher wurde ich als angehende Fachkraft in den Keller geschickt um ein paar alte Flaschen zur Feier des Tages nach oben zu holen. Ich entschied mich für je einen gereiften Vertreter aus Bordeaux und Burgund...

Zuerst musste der Bordeaux dran glauben. Ein 1979er Leoville las Cases. Das Chateau liegt am linken Ufer der Gironde, genauer in der Appelation St. Julien und wurde 1866 als 2. Grand Cru Classé eingestuft und gilt als eines der besten Häuser im Bordelaise. Das Wahrzeichen des Weingutes ist der liegende Löwe auf dem Torbogen, welcher der Eingang zum Clos Leoville las Cases ist. Ein, für  Bordeaux eher unüblich, ummauertes Weinfeld, welches sich im Alleinbesitz des Châteaux befindet. 



Der 79er ist eine klassische, Cabernet Sauvignon (70%) basierte Medoc Cuveé, den Rest bilden Merlot und ein wenig Cabernet Franc und Petit Verdot. Der Korken des Oldies war in sehr gutem Zustand und lies sich gut ziehen. Der Wein zeigte im Glas ein noch recht sattes Granatrot und keinerlei Brauntöne. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie langsam ein Bordeaux dieser Qualität altert. In der Nase schwarze Johannisbeere, weiches Leder, Vanille und Zigarrenkiste. Am Gaumen merkt man ihm seine Ü30 nicht an. Immer noch Biss: Sehr feines, etwas staubiges, aber deutlich spürbares Tannin, Cassis geprägter Fruchtkern und präsente Säure. Sehr komplex, wenn auch nicht mit ewigem Nachhall ausgestattet. Hat sicher noch Potential für weitere 5-10 Jahre. 



Später am Abend dann der Burgunder. Stolze 41 Jahre alt. Ehrlich gesagt räumte ich ihm nicht mehr so viel Chancen ein, obwohl der Füllstand sehr gut war. Doch ich sollte mich irren und zwar gewaltig...
1973 war im Burgund wohl ein recht gutes Jahr, vor allem an der Côte de Nuits und die Winzer der Domaine Grivelet in Chambolle-Musigny, welche heute leider nicht mehr existiert, brachten einen wahrlich großen Wein auf die Flasche. Der 73er Premier Cru besitzt im Glas noch einen Ziegelroten Kern, der aber zum Rand hin deutlich ins Braune übergeht. In der Nase erst verschlossen, zeigt er nach ein paar Minuten im großen Glas was er noch drauf hat: Weichselkirsche, feinste Bitterschokolade, Lagerfeuer, Tannengrün, Kreidestaub, Walderdbeeren, Leder, vertrocknete Rosen, unglaublich verführerisch und elegant das Ganze. Am Gaumen merkt man dann warum dieser Wein noch lebt, denn die Säure kommt einem immer noch frisch vor. Dazu Sauerkirsche und wieder Noten von dunkler Schokolade. Im Abgang mit kalkiger, erdiger Mineralität und unverschämter Länge. Ein Burgunder den man so schnell nicht vergisst...

1979 Leoville las Cases 92/100
1973 Chambolle-Musigny 1er Cru, Domaine Grivelet 95/100

Montag, 21. Juli 2014

Der richtige Wein zur Blutwurst-Pizza


Anfang letzter Woche weilte ich zwei Tage in Berlin. Nein, nicht um die deutsche Nationalmanschaft zu empfangen, das konnte ja vorher keiner Ahnen das die Weltmeister werden, sondern eigentlich nur zum Essen und Trinken. Und ich gebe es zu, vor allem um in der Cordobar zu versacken... Was soll ich sagen, der Plan ist aufgegangen.

Zur Entstehung dieser Weinbar, habe ich ja schon im vorangegangenem Bericht ein paar Worte verloren. Also direkt ans Eingemachte. Praktischer Weise nur 15 Gehminuten von unserer bescheidenen Bleibe, dem SoHo House an der Torstrasse, durch den hippen, gastronomiegeprägten Teil von Berlin Mitte, liegt der Hauptstadt angesagteste Weinbar in der Großen Hamburgerstrasse.  



Leider war Wirt Willi Schlögl krank. (Denke Porto Bocho hat ihn fertig gemacht.) Doch mit dem Österreicher Stefan Grabler gab es mehr als adäquaten Ersatz. Er stellte uns aus der monatlich wechselnden Speisekarte ein Menü zusammen, mit je zwei verschieden Gerichten pro Gang plus passender Weinbegleitung. Also nichts machen, nur kommen lassen... Ein Traum ! Eins möchte ich vorweg nehmen: Wer denkt man könnte in der Cordobar nur gut Wein trinken, der irrt sich gewaltig, denn was der Wiener Küchenchef Lukas Mraz da aus der Küche schickt ist schlicht sensationell. Produkt orientiert, sehr innovativ kombiniert und bis hart an die Grenze gewürzt. Genau mein Geschmack. Los ging es mit einer Kombination aus roher Lachsforelle, Schafsyoghurt, Kaviar und gebratenem Pfirsich. Auf dem anderen Teller Matjes mit Blumenkohlschaum, Apfel und Meerrettich. Dazu servierte Stefan einen deutschen Müller Thurgau. Ja richtige gehört, der Massenträger der 80er, oder wie Stefan sagte: "Deutschlands bekackteste Rebsorte!" Doch dieser ist anders. Der Müller aus der Lage Hasennest von Winzer Christian Stahl ist wahrscheinlich das beste was man aus dieser Rebsorte machen kann. Guter Start. Nächstes Highlight, und das sage ich als militanter Fleischesser wirklich schweren Herzens, ist das Veef Tartar. Ein Tartar aus geräuchertem Tomatenwänden mit Currysphäre als Eigelb Ersatz. Stark ! 




Nächster Gang, der Klassiker der noch jungen Bar. Die Blutwurst Pizza. Das einzige Gericht, welches immer auf der Karte ist und kurioser Weise eins, dass so gut wie garnicht passend mit Wein zu begleiten ist. Das liegt nicht etwa an der Roten Beete und dem Feta mit dem der Blutwurstboden belegt ist, sondern an viel frisch geriebenen Meerrettich und Wasabicreme. Grabler bewältigt diese Aufgabe mit Bravour und einem 2001er Silvaner, l'hermitage aus der Lage Zellberg im Elsass. Hier bewirtschaftet Winzer Patrick Meyer 9 ha biodynamisch und das schon seid 20 Jahren. Seine Vin Naturel sind extrem komplex und besitzen immer ordentlich Zug am Gaumen. So auch dieser zwei Jahre im Barrique ausgebaute Silvaner. Die Noten von Salzmamdeln, Jod und Haselnüssen erinnert an trockenen Sherry. Dazu das tiefe, erdige des Silvaners mit minimaler Frucht. Echter Freakstoff.





Weiter gehts mit Rippchen auf der einen und Lammherz auf der anderen Seite. Dazu Blaufränksich. Joschuari von Gut Oggau. Passt wie die Faust aufs Auge. Speckiges Holz, Kirsche, präsente Säure und reife Frucht, harmoniert perfekt mit dem Süß-Scharfen Aromen der Ribs. Das Lammherz ist so zart wie man es sich nur wünsche kann.



Danach erinnere ich mich nur noch an Kracher zur Sacher und an einen wirklich abgedrehten spanischen Orangewine aus Chenin Blanc mit Stefan an der Bar, der im Abgang so intensiv nach Salmiak schmeckte, dass ich es am nächsten morgen noch auf der Zunge hatte.
Am Ende kann ich nur Danke sagen, für einen unvergesslichen Abend ! Ihr habt mich nicht das letzte mal gesehen... Habe die Ehre. 



Dienstag, 8. Juli 2014

Vienna Calling - Willi Schlögl zu Gast im Porto Bocho Weinklub

Córdoba,1978, Deutschland spielt als amtierender Weltmeister bei der Fußball WM in Argentinien in der Vorrunde gegen den Underdog Östrreich... und verliert mit 3:2. Die DFB Elf blamiert sich, Edi Finger wird narrisch und die Österreicher jubeln. (Auch wenn sie ebenfalls in der Vorrunde ausscheiden.) Große Fußballgeschichte. Auf jeden Fall Grund genug für zwei Deutsche und zwei Ösis ihre Weinbar in Berlin Mitte passend nach diesem Ereignis zu benennen. Die Cordobar, zur Zeit wohl Deutschlands Hot Spot Nummer 1 in Sachen Wein. Auf deutscher Seite sind Regiseur Jan-Ole Gerster und Musik Lable Boss Christoph Ellinghaus an Bord, für Österreich laufen Sommelier und Gastronom Gehard Retter und Willi Schlögl auf, seinerseits auch Sommelier und quasi Master of Ceremonies in der Cordobar. 



Letzterer ließ sich nicht lange bitten, als der Bochumer Weinklub Porto Bocho anfragte, ob er die Mitglieder nicht durch einen Abend voll Österreichischer Weine führen würde. Im Gegenteil, Willi Schlögl hatte direkt einen Schlachtplan, welcher höchst interessante Wein, viel Schmä und auch Bademäntel beinhalten sollte...



Und dann ist es soweit: In der Gastronomie Haus Linden im gleichnamigen Bochumer Vorort, steht Willi Schlögl im schwarzen Bademantel hinterm Tresen, schenkt Wein ein und gibt Anekdoten zum Besten. Vor dem Tresen sitzen sechzehn Weinjünger, die meisten im weißen Pendant, schwenken, schlürfen und diskutieren über die mitgebrachten Tropfen. 



Vorweg möchte ich sagen das mir wirklich jeder Wein auf irgendeine Weise gefallen hat. Doch ein paar sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. So zum Beispiel der 2008er Leitharberg vom Weingut Tinhof. Doch nicht die bekanntere rote Version, sondern eine Cuveé aus 70% Neuburger und 30% Weißburgunder. Im ersten Moment erinnert die Nase mich ein wenig an einen französischen Viognier. Sehr duftig und exotisch, dazu gelbe Blüten. Am Gaumen intensiv, konzentriert und cremig, wirkt aber durch eine präsente Säure und vielleicht durch den Kalkboden auf dem die Reben für diesen Wein wachsen nicht fett. Dazu serviert Koch und Klubmitglied Ralph Curanz Foire Gras mit gebeiztem Thunfisch, Miso und Quittengelee. Auch wenn sich manch einer einen Süßwein dazu gewünscht hätte, harmonierte der Leitharberg sehr gut mit diesem Gericht, vor allem mit den salzigen Komponenten. 



Der nächste Wein, der definitiv meinen Weinhorizont erweitert hat, ist der Rote Traminer "Freyheit" vom Weingut Heinrich in der Nähe des Neusiedlersees. Der Wein fließt in einem hellen Kupferton und trüb ins Glas. Schnell wird klar, dass ist ein so genannter Orange Wine. Der Duft ist schwer zu beschreiben. Animierend, nach Birne, leicht oxidative Noten, etwas Menthol, Rosenwasser, Bergamotte. Sehr komplex das ganze. Am Gaumen dann einem Rotwein nicht unähnlich. Spürbare Gerbstoffe durch längeren Kontakt des Mostes mit den Schalen und Kernen. Das macht den Wein trotz mäßiger Säure und 14,5 % Alkohol animierend frisch. Irre guter Speisenbegleiter. Höchst spannend. 



Mittlerweile schallt Falco aus den Boxen und es gibt Kalbsgulasch von Chef Imre. Dazu fließt literweise Blaufränksich aus Magnumflaschen. Der Bertholdi von Gut Oggau und der Fåsching für den unter anderem Willi Schlögl himself verantwortlich ist, zeigen riesen Potential, brauchen aber noch Zeit und sind noch etwas verschlossen. Sehr offen präsentiert sich der gehobene "Basis" Blaufränksich Atanasius vom Gut Oggau aus dem Anbaugebiet Neusiedlersee-Hügelland. Er duftet herrlich nach Kirschen, Heidelbeere und Holunder. Am Gaumen mit Super Balance zwischen Säure, Frucht und Tannin. Der Wein ist leicht gekühlt und besitzt ein unglaublichen Trinkfluss. Zack ! Glas leer...



Nach Käse und Kracher wurde die Runde auf die Terrasse verlagert, wo bis tief in die Nacht noch einige Rieslinge von Matthias Knebel aufgeknackt wurden. Dieser wurde übrigens an diesem Abend auch ein Klubmitglied von Porto Bocho. Doch ist er nicht der jüngste Zuwachs... Willi hatte soviel Spaß mit uns und wir mit ihm, dass er direkt verhaftet wurde ! Welcome to the Club und Danke für einen großartigen Abend !

Habe die Ehre...



Samstag, 14. Juni 2014

Don't forget the Ortswein !

Seit dem Jahrgang 2012 ist der Ortswein fester Bestandteil des Klassifizierungsmodels des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter. Er bildet nach den VDP Gutsweinen die zweite Stufe der Qualitätspyramide. Meiner Beobachtung nach jedoch, fristet der Ortswein bei vielen Weintrinkern ein Schatten Dasein. Nach dem Motto: Gutswein zum alltäglichen Genuss und einen Einzellagenwein wenn man sich was gönnen möchte. Auch in vielen Gastronomien gibt es den Gutswein im offenen Ausschank und die Großen Gewächse in der Weinkarte. Der Ortswein findet oft nicht statt. Zu unrecht ?

Ich finde schon. Denn im Bereich der Ortsweine gibt es sehr ausdrucksstarke Weine mit Charakter und das oft zu sehr fairen Preisen. Zwei Arten von Ortsweinen haben sich je nach Winzer oder Gemeinde heraus kristallisiert. Zum einen eine Cuveé aus einzelnen Lagen, bei manchen Winzern ausschließlich Große Lagen, mit verschiedenen Bodentypen. Oder einen Terroirwein, welcher sich durch eine einzige Bodenart definiert. Letztere wird immer häufiger unter der Rebsorte groß auf dem Frontetikett dargestellt, der Name der Gemeinde ist dann teilweise nur sehr klein auf dem Rücketikett zu lesen. Das kann beim Verbraucher zu Verwirrung führen, vor allem wenn der VDP.Ortswein-Balken auf der Kapsel fehlt. Diese Markierung unter dem Traubenadler ist nämlich nicht Pflicht. Will man den Verbrauchern, grade im Ausland den Wein Einkauf etwas einfacher zu gestallten, sollte man da mal drüber nachdenken...


Den VDP Ortswein gibt es natürlich bei nicht erst seit 2012. So ist der "Village" auch bei Weingut Schäfer-Fröhlich im Anbaugebiet Nahe seit langem fester Bestandteil. Aus den Lagen rund um die Gemeinde Bockenau holt Winzer Tim Fröhlich seine Trauben für den Bockenauer Riesling trocken. Die Böden sind hier sehr vielfältig und häufig von diversen Schieferarten geprägt. Das merkt man auch, wenn man den 2009er Bockenauer Riesling im Glas hat. In der Nase Pfirsich, Yuzu und etwas Salbei. Am Gaumen vielschichtig und mineralisch, als hätte man ein Spritzer salziges Mineralwasser aus irgend einer Heilquelle mit in den Wein gemischt. Die frühere Lese als bei den Großen Gewächsen, hat den Wein in so einem reifen Jahr jung gehalten. Lebhafte Säure und ein leichter Schmelz sorgen für einen guten Abgang. Das so ein Ortswein Lagerpotential hat und ein echtes Upgrade vom Gutswein sein kann ist hiermit schonmal bewiesen.


Eine Spur teuerer, aber auch noch ausdrucksstärker ist einer der wohl bekanntesten Ortsweine der deutschen Weinlandschaft. Der Westhofener Riesling 2011 von Biodynamie König Philip Wittmann aus Rheinhessen ist eine Cuveé ausschließlich aus Grand Cru Lagen, vor allem aus den Lagen Morstein und Kirchspiel. Im Glas präsentiert sich dieser Wein hell golden. In der Nase expressiv und extrem komplex nach Birne, Mango, roten Äpfeln, süßen gelben Pflaumen und Steinbruch. Am Gaumen. Ist viel Extrakt, saftig, aber elegant. Ein Wein der einigen Großen Gewächsen die Stirn bieten kann...! 



Mit knapp 10 Euro ist der letzte Ortswein deutlich der günstigste im verkosteten Trio. Er stammt aus einer kleinen Gemeinde namens Ungstein bei Bad Dürkheim in der Pfalz. Gekeltert von Jan und Karin Eymael vom Weingut Pfeffingen. Der 2013er Ungsteiner Riesling trocken ist ein Abbild des des kalkigen Bodens in Ungstein, des Weinguts und der Pfalz an sich. Schlank, mineralisch und fein-duftig wie die meisten Weine des Hauses. Am Gaumen viel Pfirsich und etwas als Limette. Jahrgangsbedingt mit straffer, gradliniger Säure. Vielleicht nicht so komplex wie seine Vorgänger und natürlich Blut jung, aber mit ordentlich Zug und Trinkfluss. 

Also: Don't folget the Ortswein !

Bockenauer Riesling 2009, Schäfer-Fröhlich 89/100
Westhofener Riesling 2011, Wittmann 90/100
Ungsteiner Riesling 2013, Pfeffingen 86/100

Mittwoch, 11. Juni 2014

Innereien Weine - Passendes für Kopf und Fuß

Das ein gutes Essen, gepaart mit einem passenden Wein ein einschneidendes kulinarisches Erlebniss seien kann, wird wohl jeder Weinliebhaber unterstreichen. Da gibt es Kombinationen, wie Portwein zu Stilton oder Silvaner zu Spargel... Klassisch, aber langweilig. Aber was trinkt man eigentlich zu Speisen, bei denen sich manch einer zu unrecht angewidert abwendet, Teile von Tieren, von denen viele Menschen sich heute kaum vorstellen können, dass sie überhaupt essbar sind ? Die Rede ist von Innereien. Wir haben uns zwei Traditionsgerichte zur Brust genommen und ein paar gute Tropfen dazu getrunken...



Als erstes einen Französischen Klassiker, Tête de Veau, gebackener Kalbskopf. Keine Angst, man muss für dieses Gericht keinen ganzen Kopf in die Küche schleppen. Den kann man bequem beim Metzger seines Vertrauens küchenfertig bestellen. Dieser lösst die s.g. Kalbsmaske ab, packt Zunge und Bäckchen hinein, rollt das ganze zusammen und bindet es formschön zu einer dicken Wurst. Diese kann man dann mehrere Stunden z.B. in einem Gewürzsud garen. Durch den hohen Anteil an Fett und Gelantine wird die Rolle beim auskühlen fest und man kann sie in Scheiben schneiden, leicht Panieren und in geklärter Butter ausbacken. Dazu geht am besten eine Sauce Gribiche aus Kapern, Estragon, Kerbel, Ei, Gewürzgurken, Essig, Senf und Öl.



Als ersten Partner stellten wir dem Kalbskopf einen deutschen Klassiker an die Seite. Einen 2011er Riesling aus der Lage Forster Pechstein vom Weingut Dr. Bürklin Wolf. Der Wein duftet herrlich nach Pfirsich, Ananas und Sommerwiese, dazu die lagentypische, dezente Rauchnote. Natürlich ist dieser Grand Cru noch sehr jung, doch dem Jahrgang verschuldet, schon sehr präsent. Er bringt genug Konzentration und Säure mit um den fettig, salzig-süßem Kalbskopf Paroli zu bieten, dazu sorgt die ausgeprägte Mineralität für ordentlich Zug. Ein Traum ! Nur mit der Gribiche muss er etwas kämpfen. 



Damit hat der zweite Wein überhaupt kein Problem. Tief golden fließt er in Glas und zieht lange Tränen an der Glaswand. In der Nase nach Aprikosen und Birnen, aber auch nach Honig, Karamell, frisch geschlagenem Holz, Bergamotte und etwas Uhu. Extrem tief und komplex auch am Gaumen. Mundfüllend und kräftig, aber nicht fett, mit präziser Säure und erdiger Mineralität. Sogar Gerbstoffe sind zu spüren. Der Wein heißt "Clos de la Bergerie" und ist ein Chenin Blanc von der Loire und stammt von keinem geringeren als Nicolas Joly, dem unbestrittenem König des Biodynamischen Weinbaus. Joly erntet seine Trauben in 4-5 Lesedurchgängen um ausschließlich reifes, oft edelfaules Material zu erhalten. Das ergibt intensive Elixiere die durch den Ausbau in 500l Fässern noch mehr Fassetten hinzu bekommen. Als Speisenbegleiter zeigt dieser "Narurwein" dann endgültig sein volles Potential und wird weicher und bekommt Trinkfluss. Die 15% Alkohol verschwinden quasi in Kombination mit dem deftigen Tête de Veau. Ein höchst interessantes Wein Erlebniss !



In der zweiten Runde ging es dann kulinarisch nach Italien, genauer gesagt in die Emilia Romagna. Auf unseren Tellern: Zampone di Modena, mit Fleisch aus Schulter, Bauch und Haxe gefüllter Schweinefuß mit Balsamico Linsen. Auch Zampone kann man küchenfertig und eingeschweißt beim Italienischen Feinkosthändler ab 10 € kaufen. Man muss ihn dann nur noch in Brühe ca. 40 min garziehen. Weintechnisch ging es in den roten Bereich. Hier kam der Gewinner überraschender Weise aus Deutschland. Aber der beste Begleiter zum Schweinefuß war kein Spätburgunder, sondern ein Württembergergischer Lemberger, welche by the Way die gleiche Rebsorte ist, wie der im Moment sehr angesagte österreichische Blaufränksich. 



Unser Exemplar kommt vom Weingut Dautel, wo der junge Christian Dautel vor einigen Jahres das Zepter von seinem Vater Ernst übernommen hat. Seine Spezialität sind konzentrierte, lagerfähige und im Holz ausgebaute Lemberger, wie das 2010er Große Gewächs aus der Lage St. Michaelsfeder. Er besitzt eine süße Kirschfrucht, Brombeere, etwas Kakau und würzige Noten von 22 Monate im Barrique, durchzogen von feinem Tannin. Der Wein hat genug Bumms für die speckig-deftigen Aromen vom Zampone, aber auch genug Frucht für die Balsamico Linsen. 



Fazit: Es muss nicht immer Filet sein ! #KalbsKopfKlub

2011 Riesling G.C. Pechstein, Dr. Bürklin-Wolf 93/100
2009 Chenin Blanc "Clos de la Bergerei", Nicolas Joly 91+/100
2010 Lemberger GG St. Michaelsfeder, Weingut Dautel 90/100

 

Samstag, 31. Mai 2014

Knebel über den Dächern Bochums

Bochum. Ein junger Typ, Anfang 30, Jeans Hemd, Gel Frisur, steht auf einer Dachterrasse mitten in der Bochumer City und referiert auf lockere Art über den goldgelben Wein in seinem Glas. Drumherum: 15 Weinliebhaber aus dem Weinklub Porto Bocho und 45 Flaschen Riesling...



Der Mann heißt Matthias Knebel vom Weingut Knebel in Winningen in der Nähe von Koblenz. Dort wo die Mosel in den Rhein mündet und sich die so genannte Terrassenmosel befinden. Ein Bereich der Mosel der lange im Schatten weltbekannter Weinbaugemeinden wie Wehlen, Graach oder Bernkastel weiter Fluss aufwärts stand, sich aber durch Weingüter wie Busch, Löwenstein und eben auch Knebel immer weiter in den Fokus rückt. Denn karge Schieferböden und nach Süden exponierte Steilstlagen gibt es hier auch, nur sind diese, wie der Name schon andeutet, meist terrassiert um etwas Auflage für die Reben zu schaffen. Wie sollte es auch anders sein, dominiert auch hier der Riesling. Auch Matthias Knebel baut auf seinen ca. 7 Hektar Rebfläche, abgesehen von sehr geringen Mengen Weißburgunder, ausschließlich Riesling an. Handlese, Spontanvergärung, Ertragsreduzierung und naturnahes Arbeiten sind für ihn selbstverständlich. Einzig die Qualität des fertigen Weines steht im Vordergrund und das ohne Kompromisse. Reich werden können andere. Stilistisch will Knebel seine Region repräsentieren. Das heißt für ihn konzentrierte und lagerfähige aber elegante, mineralische Weine, welche zwar trocken schmecken, sich aber analytisch oft im unteren Halbtrockenen Bereich bewegen. Das gelingt ihm vor allem in seinen Toplagen Röttgen und Uhlen. Doch es war nicht immer alles einfach für den studierten Oenologen Matthias Knebel. Viel zu früh verstarb sein Vater und hinterließ einen noch unerfahrenen Sohn und somit ein Weingut ohne Führung. Damals sprang der bekannte Weinberater Gernot Kollmann ein und übernahm die Verantwortung im Keller. Ein Retter in der Not, von dem er viel gelernt habe, sagt Knebel heute dankbar. Als Gedenken an seinen Vater ziert das Autogramm von Reinhard Knebel nicht nur den Korken jeder Flasche, sondern auch den Unterarm seines Sohnes.



Mittlerweile hat Matthias sein Weingut fest im Griff und drückt ihm seinen eigenen Stempel auf. Und nebenbei findet er auch noch Zeit, den Mitgliedern des Bochumer Weinklubs seine Weine zu präsentieren und Rede und Antwort zu stehen. Vom Wetter mal abgesehen, wurde für beste Bedingungen gesorgt. Rippchen und Burger brutzeln auf dem Grill, leise Beats schallen aus den Boxen, die Stimmung ist mehr als gut und Knebel zündet eine Riesling Rakete nach der anderen...



Ein Wein der mir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der Röttgen aus dem Jahr 2006. Der Wein glitzert golden im Glas. Die Nase intensiv nach nassem Stein, Pfirsich und roten Äpfeln, dazu eine herrliche Kräuternoten und ein ganz leichter sexy Petrolton. Am Gaumen unglaublich zupackend, die Säure perfekt eingebunden, weniger fruchtig mehr würzig.  Erste Honignoten kommen nach längerem schwenken durch. Aber typisch Knebel, nie fett oder alkoholisch und mit enormen Trinkfluss. Ich glaube ich habe davon eine ganze Flasche alleine getrunken ! 93/100



Nach dem letzten Wein auf der Verkostungsliste, einer traumhaft frischen Auslese aus dem Jahr 2012 und ordentlich Stopfleber Terrine, zieht Matthias Knebel noch eine Überraschung aus dem Hut. Eine 2006er Trockenbeerenauslese aus der Lage Röttgen. Für eine solche Spezialität werden ausschließlich rosinierte, von Botritis befallene Beeren ausgelesen und sanft abgepresst. Diesen Wein lies Knebel auf einer traditionellen Moselweinauktion versteigern und erzielte einen Preis von über 400 € pro 0,375 l Flasche ! Ein Wein also, den man nicht alle Tage kosten darf. Dieses Elixier fließt wie orangefarbenes Öl ins Glas. Nachdem die an Prittstift erinnernden Fruchtesther verflogen sind, duftet der Wein nach getrockneten Aprikosen, kandierten Orangen, Karamell, Waldhonig und Quittengelee. Kaum hat man das Glas angesetzt und ein winziges Schlückchen genommen, tapeziert der Wein sofort den ganzen Mundraum aus. Über 300g/l Restzucker werden gekontert von messerscharfer Säure, die wie eine Rasierklinge über die Zunge geht, dazu ein nahezu unendliches Finish. 96+/100



Danke Porto Bocho, Danke Patti für die Fotos und vor allem Danke Matthias Knebel für deine sympathische Art, deine tollen Weine und deine Trinkfestigkeit ! #DoYourThing

Mittwoch, 14. Mai 2014

London - Europas Weinhauptstadt ?

Wenn man an traditionsreiche Weinländer denkt, dann sicher erst einmal an Frankreich, Italien oder Spanien, nicht unbedingt an ans gute, alte Great Britain. Auch wenn im Süden der Insel einige tolle Schaumweine erzeugt werden, ist England als Weinbauland doch eher zu vernachlässigen. Doch ist England und grade London, eng mit dem Thema Wein verknüpft. Als emsiges Seefahrervolk hatten die Briten schon früh ihre Finger im Weinhandel. Ohne das Empire würde es Portwein, Sherry oder sogar Bordeauxweine in ihrer heutigen Form eventuell nicht geben. Geht man heute durch London, spürt man diese enge Beziehung zu vergorenem Traubensaft noch immer. 

Ich behaupte es gibt nur sehr wenige Städte auf der Welt, wo man so gut Wein kaufen und trinken kann. Los geht es schon im einfachen Tesco oder Marks and Spencer Supermarkt. Die Auswahl, vorallem an französischen Weinen ist gigantisch. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala der Londoner: Champagner, Chablis und Rosé ! Hier ist die Auswahl im Supermarkt oft besser als in vielen deutschen Weinfachhandlungen. Über zehn verschiedene Etiketten, alleine in der Kühlung, sind keine Seltenheit. Wenn einem das nicht reicht, geht man zu einem der bekannten großen Weinhändlern, wie z.B. Berry Bros and Rudd oder Hedonism Wines. Letzteren besuchte ich dieses Jahr zum ersten mal und es verschlug mir beinahe die Sprache. Im oberen Bereich gibt es eine atemberaubende Auswahl an Spirituosen, Sake und Weißweinen aus aller Welt. Doch die Freakshow beginnt im Keller. Bordeaux in allen Jahrgängen und Größen die man sich vorstellen kann, über 100 Jahrgänge Chateau Yquem, ein seperater Burgunder Raum und eine extra designte Kammer ausschließlich mit seltenen Weine von Sine Qua Non. Einfach irre ! Dazu gibt es ein Stickstoff Zapfsystem, an dem man sich mit der Hedonism Card auch mal ein kleines Gläschen Gaja oder alten Bordeaux gönnen kann...




Die Londoner Gastronomieszene lässt natürlich auch keine vinophilen Wünsche offen. Es gibt eine Menge toller Winebars mit innovativen Konzepten. Eine davon ist das Bubbledog in der Charlotte Street in Soho. Hier dreht sich alles um zwei Dinge: Champagner aus eher kleinen, unbekannteren Häusern und abgedrehte Hotdogs ! Wir genossen zu unserem "Macdaddy", einem Hotdog mit Maccaroni, Käse, Röstzwiebeln und Speckchips, einen herrlich fruchtigen Roséchampagner aus dem Hause Juilett Lallement mit Aromen von Erdbeeren, Kirschlikör und Cranberry. (89/100) Der Laden ist randvoll mit den unterschiedlichsten Leuten,von Anzug tragenden After-Workern bis zu alternativen Hippstern und alle genießen ihre Wurst im Brötchen mit französischen Bubbles... Der Hammer !




Wer mehr Luxus sucht, der sollte eines der vielen Top Restaurants in London besuchen. Wir entschieden uns für das Petrus von TV Koch Gordon Ramsay. Das Zentrum des Speisesaals bildet ein runder, begehbarer und vollverglaster Weinklimaschrank. Sehr eindrucksvoll ! Zum Tasting Menu wählte ich die von Head Sommelier Sylvian Gergeaux zusammengestellte Weinbegleitung und wurde nicht enttäuscht. Der Wein des Abend war für mich der 2011er Fiefs Vendeens, Les Haut de Clous, von der Domaine de St. Nicolas, ein Chenin Blanc von der Loire, serviert zu gebratenen Jakobsmuscheln. Intensive Aromen von reifer Birne, darüber ein Parfum von Zitronenschale. Am Gaumen mit viel Druck, salzig, erdig mit Birnen und Aprikosen Noten...(93/100)



#LondonWineCity 

Mittwoch, 7. Mai 2014

Blindflug mit Riesling-Highlights

Die Sommelier Prüfung rückt immer näher, also heißt es üben. Das bedeutet viele Bücher wälzen und auswendig lernen, aber auch Sensorik, sprich Verkostungstraining. Das geht am besten mit einem Blindtasting. Doch alleine ist das eher schwierig, wenn man absolut keine Ahnung haben will, was man da im Glas hat. Also braucht man ein paar andere Weinverrückte, die Lust auf einen Abend voll Schwenken, Schnüffeln, Raten und ja, auch Trinken haben. Solche findet man zu Hauf im Bochumer Weinklub Porto Bocho. Wie den Klub Präsidenten Christian und seinen Bruder Patric. Wenn man dann noch ein paar passende kulinarische Schmankerl auf den Tisch stellt, kann das ein lehrreicher, unvergesslicher Abend werden...




Als erstes gab es einen gereiften Süßwein, denn es kam Foir Gras auf den Tisch. Ich hatte einen Tag zuvor eine Entenstopfleberterrine mit Backpflaumen und Entenbrust zubereitet. (Ja sie  schmeckte so gut wie sie aussah.) Als kongenialer Partner, eine Riesling Beerenauslese aus der Lage Deidesheimer Kalkofen, Jahrgang 1998 vom pfälzer Weingut Dr. Deinhard, welches heute zum Weingut Von Winning gehört. Kupferfarbend und ölig fließt der Wein ins Glas, betörend der Duft von getrockneten Aprikosen, Honig und gebrannten Mandeln. Am Gaumen mit präsenter Säure, kleidet sofort dem gesammten Mundraum aus und bleibt ewig. Die Dr. Deinhard Linie, bestehend aus im Stahltank ausgebauten Weinen von trocken bis edelsüß gibt es auch heute noch. Sie grenzt sich von den immer trockenen und meist im Holzfass Ausgebauten Von Winning Weinen ab und ist preislich sehr fair.



Der Wein des Abends stammt, nur wenige Kilometer vom oben genannten, aus dem Ort Forst nahe der Mittelhardt. Genauer aus der Toplage Kirchenstück. Ein wilder Mix aus allen möglich Bödenarten wie Bundsandstein, Basalt, Ton und Kalk und die wärmespeichernden Gebäude und Mauern aus Sandstein, welche die Lage umfrieden, bieten dem Riesling hier beste Bedingungen. Ein Weingut, welches jedes Jahr hervorragenden Wein aus den Trauben dieser Lage keltert, ist das Weingut Dr. Bürklin-Wolf. So auch im Jahr 1989, in diesem Fall eine Spätlese. Der Wein strahlt altgolden, in der Nase zuerst etwas nach nassem Keller, doch tritt dieser Ton mit Luftzufuhr immer weiter in den Hintergrund und macht Platz für Noten von Zitronenschale, goldenen Äpfeln und Kamille, später reife Ananas und Kräuter. Am Gaumen ist der Wein extrem saftig und vielschichtig, die Restsüße ist rudimentär, der Wein schmeckt quasi trocken. Die Säure ist verspielt und pfeift auf die 25 Jahre, die dieser Oldie auf dem Buckel hat. Spannend ! Der Wein verändert sich im Glas im Minutentakt...



Nach extrem leckerer Bolognese aus Schweinenacken, Lammschulter und Kalbsbeinscheiben von Gastgeber Patric und einigen erstklassigen Rotweinen kam es wie es kommen musste: Käse ! Dazu natürlich was Süßes. Wieder Riesling, diesmal 2005er von der Saar. Scharzhofberg die Lage. Roman Niewodniczanski der Winzer, Auslese das Prädikat... Da muss man nicht viel mehr sagen. Würdiges Ende für einen wahnsinns Abend !



Danke Pat für die Fotos !

1998 Riesling BA, Deidesheimer Kalkofen, Weingut Dr. Deinhard 94/100
1989 Riesling SL, Forster Kirchenstück, Weingut Dr. Bürklin-Wolf 96/100
2005 Riesling AL, Scharzhofberg, Weingut Van Volxem 90/100



Mittwoch, 30. April 2014

Châteauneuf du Pape - Der BBQ-Wein der Päpste

Glaubt man den vielen Weinwerbebroschüren die ständig meinen Briefkasten verstopfen, ist jeder junge, fruchtige Rotwein mit etwas mehr Alkohol DER Grillwein. Sommer, Sonne, Bratwurst und ne Flasche australischen Shiraz für vier neunzig... Naja ich weis ja nicht. Ich bin der Meinung, dass ewig marinierte und hundertfach glasierte Rippchen, nächtelang gesmokte Short Ribs oder aus feinstem US-Beef gemachte High End Burger auch einen würdigen Partner verdienen. 



Ganz hervorragend eigenen sich dazu gereifte Weine aus der bekanntesten Anbauregion der südlichen Rhône: Châteauneuf du Pape. So wie den 1995er der Domaine Duclaux, dessen Besitzer die Familie Quiot ist. Trotz der 13 zugelassenen Rebsorten für roten Châteauneuf (die meisten in ganz Frankreich), sind es in diesem Exemplar nur zwei, nämlich viel Grenache und etwas Mourvedre. Sehr gut gefällt mir an alten Châteauneufs, dass sie häufig deutlich moderater im Alkohol sind, als die manchmal marmeladig wirkenden Weine der jüngeren Jahre, bei denen 15% Alkohol quasi Standart ist.

 

Die fast zwanzig Jahre der Reife, verleihen dem Duclaux komplexe und höchst interessante Noten. Die fruchtigen Aromen des Grenache von Kirsche und Walderdbeeren, treten etwas zurück und machen Platz für sekundäre Aromen welche an Räucherspeck, getrocknete Kräuter, Tabak und Rennradsattel nach einer Bergetappe erinnern. Dazu würzige und rauchige Noten vom Ausbau im Holzfass. Der Wein macht ordentlich Druck am Gaumen und ist kein Leichtgewicht, doch der 1995er von Duclaux besitzt eine sehr lebendige, perfekt integrierte Säure, welche ihn all die Jahre frisch und schlank gehalten hat. Er ist wie die perfekte Grillsauce zum Steak, nur mit deutlich längerem Finish !

Preis: 36€
Alk: 13,5%
Punkte: 93/100