Montag, 21. Juli 2014

Der richtige Wein zur Blutwurst-Pizza


Anfang letzter Woche weilte ich zwei Tage in Berlin. Nein, nicht um die deutsche Nationalmanschaft zu empfangen, das konnte ja vorher keiner Ahnen das die Weltmeister werden, sondern eigentlich nur zum Essen und Trinken. Und ich gebe es zu, vor allem um in der Cordobar zu versacken... Was soll ich sagen, der Plan ist aufgegangen.

Zur Entstehung dieser Weinbar, habe ich ja schon im vorangegangenem Bericht ein paar Worte verloren. Also direkt ans Eingemachte. Praktischer Weise nur 15 Gehminuten von unserer bescheidenen Bleibe, dem SoHo House an der Torstrasse, durch den hippen, gastronomiegeprägten Teil von Berlin Mitte, liegt der Hauptstadt angesagteste Weinbar in der Großen Hamburgerstrasse.  



Leider war Wirt Willi Schlögl krank. (Denke Porto Bocho hat ihn fertig gemacht.) Doch mit dem Österreicher Stefan Grabler gab es mehr als adäquaten Ersatz. Er stellte uns aus der monatlich wechselnden Speisekarte ein Menü zusammen, mit je zwei verschieden Gerichten pro Gang plus passender Weinbegleitung. Also nichts machen, nur kommen lassen... Ein Traum ! Eins möchte ich vorweg nehmen: Wer denkt man könnte in der Cordobar nur gut Wein trinken, der irrt sich gewaltig, denn was der Wiener Küchenchef Lukas Mraz da aus der Küche schickt ist schlicht sensationell. Produkt orientiert, sehr innovativ kombiniert und bis hart an die Grenze gewürzt. Genau mein Geschmack. Los ging es mit einer Kombination aus roher Lachsforelle, Schafsyoghurt, Kaviar und gebratenem Pfirsich. Auf dem anderen Teller Matjes mit Blumenkohlschaum, Apfel und Meerrettich. Dazu servierte Stefan einen deutschen Müller Thurgau. Ja richtige gehört, der Massenträger der 80er, oder wie Stefan sagte: "Deutschlands bekackteste Rebsorte!" Doch dieser ist anders. Der Müller aus der Lage Hasennest von Winzer Christian Stahl ist wahrscheinlich das beste was man aus dieser Rebsorte machen kann. Guter Start. Nächstes Highlight, und das sage ich als militanter Fleischesser wirklich schweren Herzens, ist das Veef Tartar. Ein Tartar aus geräuchertem Tomatenwänden mit Currysphäre als Eigelb Ersatz. Stark ! 




Nächster Gang, der Klassiker der noch jungen Bar. Die Blutwurst Pizza. Das einzige Gericht, welches immer auf der Karte ist und kurioser Weise eins, dass so gut wie garnicht passend mit Wein zu begleiten ist. Das liegt nicht etwa an der Roten Beete und dem Feta mit dem der Blutwurstboden belegt ist, sondern an viel frisch geriebenen Meerrettich und Wasabicreme. Grabler bewältigt diese Aufgabe mit Bravour und einem 2001er Silvaner, l'hermitage aus der Lage Zellberg im Elsass. Hier bewirtschaftet Winzer Patrick Meyer 9 ha biodynamisch und das schon seid 20 Jahren. Seine Vin Naturel sind extrem komplex und besitzen immer ordentlich Zug am Gaumen. So auch dieser zwei Jahre im Barrique ausgebaute Silvaner. Die Noten von Salzmamdeln, Jod und Haselnüssen erinnert an trockenen Sherry. Dazu das tiefe, erdige des Silvaners mit minimaler Frucht. Echter Freakstoff.





Weiter gehts mit Rippchen auf der einen und Lammherz auf der anderen Seite. Dazu Blaufränksich. Joschuari von Gut Oggau. Passt wie die Faust aufs Auge. Speckiges Holz, Kirsche, präsente Säure und reife Frucht, harmoniert perfekt mit dem Süß-Scharfen Aromen der Ribs. Das Lammherz ist so zart wie man es sich nur wünsche kann.



Danach erinnere ich mich nur noch an Kracher zur Sacher und an einen wirklich abgedrehten spanischen Orangewine aus Chenin Blanc mit Stefan an der Bar, der im Abgang so intensiv nach Salmiak schmeckte, dass ich es am nächsten morgen noch auf der Zunge hatte.
Am Ende kann ich nur Danke sagen, für einen unvergesslichen Abend ! Ihr habt mich nicht das letzte mal gesehen... Habe die Ehre. 



Dienstag, 8. Juli 2014

Vienna Calling - Willi Schlögl zu Gast im Porto Bocho Weinklub

Córdoba,1978, Deutschland spielt als amtierender Weltmeister bei der Fußball WM in Argentinien in der Vorrunde gegen den Underdog Östrreich... und verliert mit 3:2. Die DFB Elf blamiert sich, Edi Finger wird narrisch und die Österreicher jubeln. (Auch wenn sie ebenfalls in der Vorrunde ausscheiden.) Große Fußballgeschichte. Auf jeden Fall Grund genug für zwei Deutsche und zwei Ösis ihre Weinbar in Berlin Mitte passend nach diesem Ereignis zu benennen. Die Cordobar, zur Zeit wohl Deutschlands Hot Spot Nummer 1 in Sachen Wein. Auf deutscher Seite sind Regiseur Jan-Ole Gerster und Musik Lable Boss Christoph Ellinghaus an Bord, für Österreich laufen Sommelier und Gastronom Gehard Retter und Willi Schlögl auf, seinerseits auch Sommelier und quasi Master of Ceremonies in der Cordobar. 



Letzterer ließ sich nicht lange bitten, als der Bochumer Weinklub Porto Bocho anfragte, ob er die Mitglieder nicht durch einen Abend voll Österreichischer Weine führen würde. Im Gegenteil, Willi Schlögl hatte direkt einen Schlachtplan, welcher höchst interessante Wein, viel Schmä und auch Bademäntel beinhalten sollte...



Und dann ist es soweit: In der Gastronomie Haus Linden im gleichnamigen Bochumer Vorort, steht Willi Schlögl im schwarzen Bademantel hinterm Tresen, schenkt Wein ein und gibt Anekdoten zum Besten. Vor dem Tresen sitzen sechzehn Weinjünger, die meisten im weißen Pendant, schwenken, schlürfen und diskutieren über die mitgebrachten Tropfen. 



Vorweg möchte ich sagen das mir wirklich jeder Wein auf irgendeine Weise gefallen hat. Doch ein paar sind mir besonders im Gedächtnis geblieben. So zum Beispiel der 2008er Leitharberg vom Weingut Tinhof. Doch nicht die bekanntere rote Version, sondern eine Cuveé aus 70% Neuburger und 30% Weißburgunder. Im ersten Moment erinnert die Nase mich ein wenig an einen französischen Viognier. Sehr duftig und exotisch, dazu gelbe Blüten. Am Gaumen intensiv, konzentriert und cremig, wirkt aber durch eine präsente Säure und vielleicht durch den Kalkboden auf dem die Reben für diesen Wein wachsen nicht fett. Dazu serviert Koch und Klubmitglied Ralph Curanz Foire Gras mit gebeiztem Thunfisch, Miso und Quittengelee. Auch wenn sich manch einer einen Süßwein dazu gewünscht hätte, harmonierte der Leitharberg sehr gut mit diesem Gericht, vor allem mit den salzigen Komponenten. 



Der nächste Wein, der definitiv meinen Weinhorizont erweitert hat, ist der Rote Traminer "Freyheit" vom Weingut Heinrich in der Nähe des Neusiedlersees. Der Wein fließt in einem hellen Kupferton und trüb ins Glas. Schnell wird klar, dass ist ein so genannter Orange Wine. Der Duft ist schwer zu beschreiben. Animierend, nach Birne, leicht oxidative Noten, etwas Menthol, Rosenwasser, Bergamotte. Sehr komplex das ganze. Am Gaumen dann einem Rotwein nicht unähnlich. Spürbare Gerbstoffe durch längeren Kontakt des Mostes mit den Schalen und Kernen. Das macht den Wein trotz mäßiger Säure und 14,5 % Alkohol animierend frisch. Irre guter Speisenbegleiter. Höchst spannend. 



Mittlerweile schallt Falco aus den Boxen und es gibt Kalbsgulasch von Chef Imre. Dazu fließt literweise Blaufränksich aus Magnumflaschen. Der Bertholdi von Gut Oggau und der Fåsching für den unter anderem Willi Schlögl himself verantwortlich ist, zeigen riesen Potential, brauchen aber noch Zeit und sind noch etwas verschlossen. Sehr offen präsentiert sich der gehobene "Basis" Blaufränksich Atanasius vom Gut Oggau aus dem Anbaugebiet Neusiedlersee-Hügelland. Er duftet herrlich nach Kirschen, Heidelbeere und Holunder. Am Gaumen mit Super Balance zwischen Säure, Frucht und Tannin. Der Wein ist leicht gekühlt und besitzt ein unglaublichen Trinkfluss. Zack ! Glas leer...



Nach Käse und Kracher wurde die Runde auf die Terrasse verlagert, wo bis tief in die Nacht noch einige Rieslinge von Matthias Knebel aufgeknackt wurden. Dieser wurde übrigens an diesem Abend auch ein Klubmitglied von Porto Bocho. Doch ist er nicht der jüngste Zuwachs... Willi hatte soviel Spaß mit uns und wir mit ihm, dass er direkt verhaftet wurde ! Welcome to the Club und Danke für einen großartigen Abend !

Habe die Ehre...